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„Ich muss los, Martin wird schon ungeduldig.“ Bereits zum zweiten Mal ertönt von draußen Martins Fahrradklingel, die mich zum Aufbruch ermahnt. „Denkst Du bitte daran, dass deine Mutter heute Geburtstag hat und dass wir pünktlich heute Abend um 19:00 bei ihr zum Essen eingeladen sind?“ ruft meine Frau Simone mir noch hinterher. „Selbstverständlich!“ antworte ich ihr, während ich auf dem Weg zur Haustür hastig den letzten Schluck Kaffee trinke. „Ich komme dann direkt mit dem Rad vorbei – so hole ich noch ein paar Kilometer zusätzlich für die Aktion heraus. Bis heute Abend dann!“

„Oh, neues Bike?“ begrüßt mich Martin, als ich mich draußen auf mein Rad schwinge und wir uns gemeinsam Richtung Innenstadt aufmachen. Inzwischen ist das zu einem festen morgendlichen Ritual geworden. Seitdem Martins und meine Firmen an der Aktion der AOK und des ADFC „Mit dem Rad zur Arbeit“ teilnehmen, lassen wir jeden Morgen unsere Autos stehen und fahren gemeinsam auf unseren Rädern die kurze Strecke aus der Gartenstadt Werdersee zur Arbeit: Er in die Innenstadt, ich weiter bis in die Überseestadt.

„Ja. 12 Gänge Pinion-Getriebeschaltung, damit bin ich schnell wie das Licht. Soll ich dir etwas Vorsprung lassen?“ antworte ich und versuche Martin ein wenig aufzuziehen. „Mach‘ dir um mich mal keine Sorgen!“ antwortet Martin lächelnd, der schon seit den ersten Tagen auf unseren gemeinsamen Deich-Kilometern locker das Tempo vorgibt. „Nicht umsonst hat unsere Firma vor Jahren schon einmal einen Sieg bei dieser Aktion davongetragen. Noch heute erzählt man sich im Büro von meiner sagenhaften letzten Etappe auf dem Kopfsteinpflaster durchs Viertel, die unserer Firma schließlich einen der Preise gewinnen ließ…“ „Gab es da eigentlich schon Farbfernsehen?“, werfe ich ein und plötzlich müssen wir beide lachen.

Die nächsten Meter entlang der Weser verbringen wir nun schweigend; jeder von uns bereits in Gedanken. „So, hier muss ich gleich abbiegen“ unterbricht Martin die Stille. „Kommt ihr heute Abend zu uns? Wir wollen grillen.“ „Keine Chance“, entgegne ich. „Simone und ich sind heute bei meiner Mutter eingeladen – runder Geburtstag. Aber wir sehen uns ja morgen früh!“ sage ich zur Verabschiedung und trete fester in die Pedale, den Wesertower am Horizont immer fest im Blick.